Wegmesssysteme, Dezember 2020
Dieses Mal werden wir uns die verschiedenen Arten von Messsystemen (Gebern) und ihre Eigenschaften genauer ansehen.
Wir werden nicht besonders ausführlichen auf die Themen Präzision und Wiederholgenauigkeit eingehen, da diese weitestgehend vom Preis abhängig sind. Wie bei vielen Produkten muss man mit steigenden Ansprüchen auch hier “tiefer in die Tasche greifen”. Die Auswahl des Wegmesssystems ist mit Ausnahme von Applikationen in Werkzeugmaschinen häufig als kleines Übel empfunden worden, da dies in konventionellen Antriebssträngen die Mechanik nicht beeinflusst. So war es auf alte bewährte Weise die gezielte Selektion des Gebers, die auch immer die Wahl des Servomotors mit einbezog.
Mit der innovativen und mechatronischen Dekade der Linearmotorachsen hat sich das Bild komplett verändert. In der mechanischen Konstruktionsphase muss bereits mit der Auswahl des Messsystems berücksichtigt werden. Gegebenheiten wie die Umgebungsbedingung oder die Kompatibilität mit dem Servoverstärker müssen bei der Auswahl beachtet werden.
1. Technologie
Unabhängig davon, ob es sich um ein Linear- oder Drehgeber handelt, gibt es klare Unterschiede im Funktionsprinzip der jeweiligen Technologie beim Erfassen der Position.
Wir unterscheiden zwischen:
Magnetisches Wegmesssystem
Unter Anwendung des physikalischen Wirkprinzips des Magnetismus werden die wechselnden Polteilungen des Maßbandes oder der Scheibe erfasst. Das Maßband ist in Polsegmente aufgeteilt, um so eine kontinuierlich Nord-Süd-Sequenz beim überfahren zu generieren und einen Positionswert zu ermitteln.
Dieses Funktionsprinzip führt zu erlaubt eine wirtschaftlichen Positionserfassung, die große Montagetoleranzen zulässt. Ein Nachteil ist es, dass die Technologie durch äußere Magnetfelder und durch endogene Eigenschaften des Magnetismus wie die Hysterese stark beeinflusst wird. Dadurch wird die Robustheit und Wiederholgenauigkeit dieses Messsystems stark einschränkt.
Optisches Wegmesssystem
Der Geber nutzt die Brechung eines Lichtstrahls auf dem Maßband oder die Scheibe. Das Maßband enthält eine Kombination aus reflektierenden und undurchsichtigen Markierungen, die bewirken, dass der Lichtstrahl vom Kopf reflektiert und erfasst wird oder eben nicht erfasst wird. Auf diese Weise kann der Geber die Positionsabschnitte zählen und für die weitere Signalverarbeitung bereitstellen.
Die Technologie der optischen Positionserfassung ermöglicht eine sehr hohe Präzision und ist vollkommen resistent gegen unmittelbare Magnetfelder. Ein Nachteil ist die Schmutzempfindlichkeit. Die Sauberkeit der Umgebungsbedingung ist bei der Auswahl des Wegmesssystems kritisch zu hinterfragen, da es von großer Wichtigkeit bei der Auswahl der Technologie ist, denn das Messsystem reagiert sensibel auf Verunreinigungen im Umfeld und hat unmittelbaren Einfluss auf die Prozessstabilität. Bedingt durch einen vergleichbar großen Aufwand, um eine hohe Performance hinsichtlich der Geberauflösung und insbesondere der Wiederholgenauigkeit zu erzielen ist eine Abwägung des Einsatzes dieser Technologie ratsam. Wie zu Beginn angedeutet sind die Kosten der optischen Messsystem, wie auch die Leistung, im obersten Korridor angeordnet.
Induktives Wegmesssystem
Das Funktionsprinzip unterscheidet sich nicht von den beiden vorangegangenen Technologien in der Anordnung von Lesekopf und Wegerfassung, sondern im Erkennungsprinzip. In diesem Fall ist das Maßband metallisch und verfügt Rillen unter der Oberfläche des Maßbandes, die in konstanten Intervallen angeordnet sind. Der Geber erfasst induktiv ihren Wert und detektiert, über welcher Rille des Maßbandes die aktuelle Position ist.
Dieses System ist aufgrund seiner Resistenz gegen Magnetfelder, Schmutz und sogar Schockbelastungen wie Stöße unglaublich robust. Es erreicht nicht die Präzision eines optischen Systems, nähert sich aber annähernd einer vergleichbaren Performance. Diese charakteristischen Merkmale machen es zu einem überragenden Kandidaten für eine Vielzahl von Automatisierungsanwendungen.
Vor- und Nachteile
In der folgenden Tabelle vergleichen wir die drei Wegmesssysteme.
Magnetisch |
Optisch |
Induktiv |
|
Robustheit |
0 |
– |
+ |
Präzision |
– |
+ |
0 |
Preis |
+ |
– |
– |
HINWEIS: "-"begrenzende Leistungsfähigkeit, "0" neutrale oder durchschnittliche Leistungsfähigkeit, "+" positive Leistungsfähigkeit oder Stärke.
2. Gebertypen
Die wesentlichen Klassifizierungen der Gebertypen differenziert sich in der inkrementellen- oder absoluten Ausführung des Gebers.
Ein Inkrementalgeber erlaubt, wie der Name schon sagt, nur eine inkrementelle Zählung. Er gibt uns keine reale Position des Lesekopfes, sondern ermöglicht uns die Position von der wir uns weg bewegen zu erfassen und zählt von der Position auf- oder abwärts.
Bei einer reellen Anwendung ist eine solche Arbeitsweise oft nicht möglich oder der Prozess erlaubt es einfach nicht, deshalb muss der Servoverstärker eine Null- bzw. Homming-Sequenz durchführen. Diese besteht im Grunde darin, die Achse in eine Richtung zu bewegen, bis ein Referenzsensor gefunden wird. Die angegebene Position des Referenzsensors wird als „Nullpunkt“ gesetzt. Von dieser Marke aus können wir im positiven oder negativen relativ zu der Marke zählen.
In den meisten Anforderungen erfordert die Anwendung eine genauere Referenzposition, als sie durch einen Sensor oder Endschalter bereitgestellt werden kann. Aus diesem Grund beinhalten Inkrementalgeber eine Null-Referenzspur. Wobei die Achse die Bewegungsrichtung umkehrt, wenn sie den Endschalter gefunden hat und bewegt sich weiter, bis sie den Nullimpuls des Wegmesssystems findet.
Diese Funktion ermöglicht eine Wiederholbarkeit in der Größenordnung von einigen Mikrometern (oder Nanometern in genaueren Gebersystemen).
Es gibt Situationen, in denen die Null-Punkt Suche aufgrund möglicher Kollisionen oder langer Hübe, die wiederum eine lange Referenzierungsdauer erfordern, nicht möglich ist.
In diesen Anwendungen ist es empfehlenswert auf einen Absolutwertgeber zurück zu greifen.
Der Absolutwertgeber kommuniziert über einen digitalen Bus mit dem Servoverstärker und überträgt so die genaue Position, ohne eine Bewegung ausführen zu müssen. Dies ist möglich, weil das Maßband einen Code enthält, der vom Geber erfasst wird und jederzeit über die Information der aktuellen Position verfügt.
Ein weiterer Vorteil dieser Gebertechnologie in Achsen mit Linearmotoren ist, dass die anfängliche Such nach einem „Null Punkt“ wegfällt. Dies vermeidet einige Unwägbarkeiten, die insbesondere bei vertikalen Achsen oder bei hoher Applikationslast zum tragen kommen.
Der aktuelle Markttrend geht tendenziell immer mehr zum Einsatz von Absolutwertgebern. Die Tatsache, dass sich der Preis dieser Geber dem der inkrementellen annähert und dem Fortschritt bei der Elektronik der Servoverstärker ermöglicht es verschiedene Protokolle mit derselben Hardware zu lesen. Dadurch sind viele Hersteller veranlasst, sich standardmäßig für eine absolute Geber-Schnittstelle zu entscheiden und behalten eine Inkrementalgeber als Option bei.
3. Protokolle und Wegmesssysteme: Eine komplizierte Beziehung?
In Bezug auf den vorherigen Punkt verwenden Absolutwertgeber einen digitalen Kommunikationsbus, der zu unzähligen Kommunikationsprotokollen geführt hat. Jede Entwicklung, sei es seitens der Geberhersteller oder seitens des Herstellers von Servoverstärkern, hat das bestreben sein eigenes Protokoll zu fördern. Daraus ergibt sich das elementare Thema der Kompatibilität zwischen Geber und Servoverstärker. Dieser Gegenstand ist bereits in der Entwicklung und Konstruktion der Maschine ein wichtige Grundlage für die Definition der Steuerungs- und Antriebsarchitektur.
Nachfolgend betrachten wir die gängigsten Geber-Protokolle:
SSI Protokoll:
„Synchrone serielle Schnittstelle“. Dies ist ein kostenloses Kommunikationsprotokoll, weshalb es von den meisten Computern unterstützt wird. Da es ein offenes Protokoll ist, werden bestimmte Variationen in der Länge der Frames und des Codes zugelassen, was erfordert, dass die richtige Konfiguration im Treiber vorgenommen wird, um die Position korrekt zu lesen. Als Standard aus den 1980er Jahren weist es außerdem bestimmte Einschränkungen hinsichtlich der Datenübertragungsrate auf, die es für die dynamischsten Anwendungen ungeeignet machen. Um dies zu kompensieren, ist es üblich, das absolute Signal parallel mit einem anderen inkrementellen Signal zu begleiten. Auf diese Weise wird die absolute Position von SSI übertragen, wenn der Codierer angeschlossen ist, und von hier mit dem Inkrementalgeber gearbeitet, um die Position während der Bewegung zu erkennen.
BISS / C:
Dieses Protokoll ist eine Weiterentwicklung des SSI. Es behält die Philosophie des offenen Protokolls bei und ermöglicht eine höhere Datenübertragungsrate. Trotzdem werden die Vorteile der aktuellen Protokolle nicht erreicht. Wie beim SSI ist es üblich, inkrementelle Signale zu begleiten, um in hoher Dynamik arbeiten zu können.
EnDat Protokoll:
EnDat ist ein Protokoll der Fa. Heidenhein. Derzeit ist die Version 2.2 vollständig digital und unterstützt bereits integrierte Sicherheitsfunktionen. Die Popularität dieses Herstellers hat es ermöglicht, dass die wichtigsten Hersteller von Servoverstärkern bestens mit dem Protokoll umgehen können. Eines der Hauptmerkmale ist das elektronische Typenschild. Beim Anschließen des Wegmesssystems werden alle Parameter an den Servoverstärker übermittelt, wodurch Eingabefehler und ein Parametrieraufwand vermieden werden kann. Das spart viel Zeit und editierbare Fehlerquellen bei der Inbetriebnahme.
Hyperface:
Dieses Protokoll aus dem Hause SICK ist seit Jahren eines der am weit verbreitetsten in der Automatisierungstechnik. Obwohl es in letzter Zeit an Marktanteilen verloren hat, wird es immer noch von fast allen Servoverstärkern unterstützt, die eine Kompatibilität mit dem etablierten System sicherstellen möchten.
Drive-Cliq Protokoll:
Drive-Cliq ist das SIEMENS-Protokoll. Es ist das geschlossenste System von allen vorgestellten Protokollen, da es nur von SIEMENS. Geräten interpretiert werden kann. Obwohl einige Geberhersteller dieses Protokoll verwenden, ist es auf eine strenge Überwachung beschränkt, um die vollständige Kompatibilität sowohl auf Software- als auch auf Hardwareebene sicherzustellen. Es Erleichtert den Aufwand der Erstinbetriebnahmen deutlich und stellt somit eine attraktive Integrationslösung in die Siemens Welt dar.
WEITERE INFORMATIONEN ZUR LINEAR- UND ROTATIONSTECHNIK IN UNSEREM BLOG
Neben den vorgestellten Geber Protokollen gibt es weitere, die in der Regel einzelnen Herstellern zuzuordnen sind. Um einige Beispiele zu nennen: Panasonic, Fanuc oder Mitsubishi.
Wenn Sie weitere Informationen zu den verschiedenen Gebertypen in unserem Produktportfolio von Linearachsen wünschen, können Sie unsere Website (www.sinadrives.com) besuchen oder uns über einen Kommentar in diesem Blog kontaktieren.
Gerne stehen wir Ihnen auch telefonisch und persönlich zu diesem und allen anderen Themen zur Verfügung.
Wir sehen uns in der nächsten Ausgabe. Bis dahin alles Gute!
Ihr SINADRIVES Team.
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